Eswatini [SWAZILAND]: Dutzende obdachlos nach Zwangsräumung

Dutzende Bewohner_innen, darunter 33 Kinder, sind obdachlos, nachdem ihre Häuser mit schwerem Gerät in Anwesenheit von 20 bewaffneten Polizeikräften zerstört wurden. Die Familien waren im landwirtschaftlich geprägten Embetseni ansässig, das zur Streusiedlung Malkerns gehört.

61 Bewohner_innen des landwirtschaftlich geprägten Embetseni, unter ihnen 33 Kinder, mussten am 9. April zwangsweise ihre Häuser räumen. Das betroffene Land, das zur Streusiedlung Malkerns gehört, ist im Besitz eines privaten landwirtschaftlichen Unternehmens. Während der Zerstörung der Gehöfte waren sowohl dessen Vertreter_innen als auch ein Vertreter des Hohen Gerichts von Mbabane sowie bewaffnete örtliche Polizeikräfte anwesend. Als sie am Morgen eintrafen, wiesen sie die Familien an, ihren Besitz aus den Häusern zu räumen. Ansonsten würde er während des Abrisses zerstört werden. Kurz darauf wurden die Häuser dem Erdboden gleichgemacht. Die Bewohner_innen der Häuser wurden weder im Voraus über die Räumung informiert noch wurden sie mit einem alternativen Wohnsitz ausgestattet, sodass sie nun obdachlos sind. Dies entspricht nicht den internationalen Menschenrechtsstandards und setzt sie weiteren Menschenrechtsverletzungen aus. Bei einem Treffen am 8. April, um das sie die örtliche Polizei gebeten hatten, um über die Gerüchte der unmittelbar bevorstehenden Räumung zu sprechen, erfuhren die betroffenen Familien nur einen Tag vor der Räumung von dem Räumungsbefehl, der bereits auf den 14. Juli 2017 datiert war. In der ersten Nacht nach der rechtswidrigen Zwangsräumung schliefen fünf Familienmitglieder einer Familie im Freien, eine andere Familie verbrachte die Nacht im Wohnhaus des Ortsvorstehers, während eine andere gezwungen war, Schutz in einem Hühnerstall zu suchen. Wieder andere wurden in einer örtlichen Grundschule untergebracht. Die Bewohner_innen befanden sich seit 2013 in einem Rechtsstreit mit dem landwirtschaftlichen Unternehmen, das das Land besitzt. Damals hatten sie ein Gerichtsverfahren angestrengt, mit dem sie um die Anerkennung ihrer Rechte an dem Land kämpften. Ihren Anspruch auf das Land begründen die Bewohner_innen damit, dass sie seit 1957 dort wohnhaft sind. Das Unternehmen hatte dagegen die Zwangsräumung der Siedlung beantragt.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Bereits 1957 waren die Familien vertrieben worden, um auf dem betreffenden Land Platz für die Holzgewinnung zu schaffen. Anschließend wurden sie auf dem Land in Embetseni neu angesiedelt, von dem sie am 9. April 2018 erneut weichen mussten. Das private Landwirtschaftsunternehmen hatte die Landrechte 1999 von dem Unternehmen Usutu Pulp Limited gekauft. Demgegenüber argumentieren die Familien, dass das von ihnen bewohnte Land zuvor Landkonzessionsgebiet gewesen sei, das ihnen zur Nutzung überlassen worden war. Das während der Kolonialzeit geraubte Land war dem König übertragen worden. Das betreffende Land war Gegenstand eines Rechtsstreits zwischen den Bewohner_innen und dem privaten Landwirtschaftsunternehmen, das das Land erworben hatte. Dieses stellte 2013 einen Antrag auf Zwangsräumung am Obersten Gerichtshof. Am 31. Mai 2013 urteilte das Gericht, dass die Familien trotz ihrer langen Ansässigkeit keine Ansprüche auf das Land hätten und dieses deshalb innerhalb von 21 Tagen räumen müssten.

Im Jahr 2017 ersuchte das private Landwirtschaftsunternehmen das Hohe Gericht (Fall-Nr. 902/2011) um einen Räumungsbefehl auf der Grundlage des 2013 vom Obersten Gerichtshof gefällten Urteils. Die Räumung am 9. April wurde infolge einer Anordnung des Hohen Gerichts vom Juli 2017 durchgeführt, die den Abriss jeglicher Gebäude vorsah, die von den Bewohner_innen der betreffenden Siedlung gebaut worden waren. Internationalen Menschenrechtsstandards zufolge müssen jedoch auch legitime Räumungen rechtlichen Vorgaben entsprechen. Niemand darf als Folge einer Räumung obdachlos und dem Risiko weiterer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt werden. Die Familien hatten von dem Unternehmen eine alternative Wohnmöglichkeit erbeten. Dieses bot ihnen jedoch ausschließlich eine Entschädigung von 10 000 Emalangeni (etwa 680 Euro) pro Haushalt an – was die Familien als unzureichend für den Umzug und den Erwerb eines neuen Wohnsitzes zurückwiesen. Swasiland blickt auf eine lange Vergangenheit von rechtswidrigen Zwangsräumungen zurück, die von Amnesty International dokumentiert wurden.

Amnesty International hat eine Dokumentation erstellt:

“THEY DON’T SEE US AS PEOPLE”.
SECURITY OF TENURE AND FORCED EVICTIONS IN ESWATINI