Sambia Länderpapier

Aktuell registriert Amnesty International systematische Menschenrechtsverletzungen. Angehörige der Opposition sowie Aktivist_innen, die sich gegen die Regierung aussprechen, die Regierung kritisieren oder sich an friedlichen Demonstrationen beteiligen, werden von den Staatsbehörden verfolgt.
Präsidentenbeleidigung gilt als Straftatbestand und kann eine Gefängnisstrafe von bis zu maximal fünf Jahren nach sich ziehen. Am 10. Januar 2018 wurde Dr. Kwalela Kafunya zu zwei Jahren Haft wegen `Beleidigung,´ zwei weiteren Jahren wegen `falscher Angaben gegenüber einem staatlichen Angestellten´ sowie drei Jahren Haft für `schriftliche Morddrohung´ verurteilt . Die Urteile von insgesamt sieben Jahren Gefängnis, welche gleichzeitig wirksam werden, bedeuten somit eine dreijährige Gefängnisstrafe. Diese hat er nun unter Anrechnung der Zeit der Untersuchungshaft abgeleistet und wurde am 10. Mai 2019 freigelassen.
Im März 2018 wurde der frühere Vize-Präsident, Nevers Mumba, zu drei Monaten harter Arbeit im Gefängnis verurteilt wegen falscher Angaben gegenüber einem Beamten. Das Gericht behauptete, dass Herr Mumba am 8. November 2017 dem Polizeibeamten Gladson Mwanza die Falschinformation gegeben hatte, ein Treffen mit einem Redakteur des Radiosenders Zambia National Broadcasting zu haben. Verurteilungen wegen angeblicher Falschaussage dienen als Taktik gegen Personen die sich gegen den Präsidenten positionieren.
Im Februar 2018 verhaftete die Polizei in Kitwe den 37-jährigen Jackson Mapanzi wegen der Bemerkung `wamafi fye´(„Präsident Lungu ist einfach Scheiße“). Er wurde inhaftiert, nachdem ihn eine kleine Gruppe aus der regierenden Patriotic Front bei der Polizei angezeigt hatte.
Im August 2017 wurde Edward Makayi, ein Student des Ingenieurwesens, vom Friedensgericht in Lusaka drei Mal beschuldigt, den Präsidenten beleidigt zu haben. Er wurde später nach seinem Erscheinen vor dem Gericht gegen Kaution freigelassen. Gemäß der ersten Anklage beabsichtigte Edgar Makayi am 20. April 2017 den Namen des Präsidenten der Republik Sambia, Edgar Lungu, herabzuwürdigen, indem er einen „beleidigenden“ Facebook Post veröffentlichte mit der Aussage „…Edgar Lungu zieht Sambia in Hass und Spannungen hinein…“
Im Juli 2017 nahm die Polizei den Oppositionsführer von der United Progressive Party, Saviour Chishimba, fest und beschuldigte ihn der Präsidentenbeleidigung . Nach einer Woche Gefängnisaufenthalt wurde er wieder frei gelassen.
Die Behörden gehen hart gegen kritische Bürger_innen wie Menschenrechtsverteidiger_innen, Journalist_innen und Mitglieder oppositioneller Parteien vor. Unter Rückgriff auf das „Gesetz über die öffentliche Ordnung“ verletzte die Regierung die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Die Polizei ging mit unnötiger, exzessiver Gewalt gegen friedlich Protestierende vor und schritt nicht gegen gewalttätiges Vorgehen regierungsfreundlicher Gruppen ein. Der Präsident äußerte scharfe Kritik an der Justiz.
Ferner war die Versorgung der Landbevölkerung mit Lebensmitteln 2017 unzureichend.

Diese Situation hat sich bis Mitte 2019 nicht gebessert, die unten beschriebenen Umstände gelten weiterhin unvermindert und schränken die Bürger_innen in ihren Rechten massiv ein.
RECHT AUF VERSAMMLUNGS- UND VEREINIGUNGSFREIHEIT
Der Handlungsspielraum für die Zivilgesellschaft, für Menschenrechtsverteidiger_innen, Journalist_innen und Oppositionsparteien wurde immer weiter eingeschränkt. Auch 2017 hinderten die Behörden politische Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen unter Rückgriff auf das Gesetz über die öffentliche Ordnung daran, Versammlungen durchzuführen. Nach Paragraph 5 Absatz 4 dieses Gesetzes ist die Polizei sieben Tage im Voraus über eine geplante Versammlung oder Demonstration zu informieren. Die Polizei selbst legte das Gesetz jedoch so aus, dass jede öffentliche Versammlung vorab genehmigt werden musste. Am 24. August 2017 löste sie eine Gebetsversammlung auf, die aus Anlass der Freilassung von Hakainde Hichilema aus dem Hochsicherheitsgefängnis Mukobeko in der nördlich der Hauptstadt Lusaka gelegenen Stadt Kabwe veranstaltet wurde. Der Oppositionsführer war vier Monate lang festgehalten worden, bevor die Staatsanwaltschaft die gegen ihn erhobene Anklage wegen Hochverrat zurückzog.
Am 10. Januar 2017 wurde der britische Rechtsanwalt Oliver Holland verhaftet und nach dem Gesetz über die öffentliche Ordnung wegen des Abhaltens einer rechtswidrigen Versammlung unter Anklage gestellt. Er hatte sich mit einer Gruppe von Bürger_innen der Stadt Chingola getroffen, die gerichtlich gegen die mutmaßlich vom Kupferabbau verursachte Umweltverschmutzung vorgingen. Der Anwalt kam noch am selben Tag wieder frei und die gegen ihn erhobene Anklage wurde fallengelassen. Später wurde er jedoch erneut wegen friedensgefährdenden Verhaltens angeklagt und zu einer Geldstrafe von 5 US-Dollar verurteilt.
Die Polizei griff oft zu unnötiger, exzessiver Gewalt, um Protestkundgebungen aufzulösen.
Im April 2017 wurde eine Kundgebung der UPND im Township Kanyama der Hauptstadt Lusaka von der Polizei „aus Sicherheitsgründen“ abgebrochen. Obwohl die Polizei vorab informiert worden war, löste sie die Kundgebung ohne gesetzliche Grundlage auf. Der 20-jährige Demonstrant Stephen Kalipa wurde dabei durch Schüsse verletzt und starb später im Krankenhaus. Zwar wurde ein Ermittlungsverfahren eröffnet, doch bis Ende des Jahres war niemand im Zusammenhang mit dem Vorfall festgenommen worden. Die Polizei gab an, Kalipa sei durch Stichwunden zu Tode gekommen, die ihm ein unbekannter Angreifer beigebracht hätte.
Am 23. Juni 2017 nahm die Polizei mehrere hochrangige Funktionäre der UPND wegen des Abhaltens einer rechtswidrigen Versammlung fest, weil sie in der Geschäftsstelle der Partei ohne vorherige Genehmigung eine Pressekonferenz durchgeführt haben sollen. Am 29. September 2017 nahm die Polizei sechs Menschenrechtsverteidiger_innen fest, die vor dem Parlament friedlich gegen den Kauf von 42 Feuerwehrfahrzeugen durch die Regierung zum überhöhten Preis von 42 Mio. US-Dollar protestierten. Dabei wurden sie von Mitgliedern der regierenden Patriotic Front mit Schlägen misshandelt. Sie wurden außerdem angeklagt, sich polizeilichen Anordnungen widersetzt zu haben.

EXZESSIVE GEWALTANWENDUNG
In der Nacht vom 10. auf den 11. April 2017 wurde Hakainde Hichilema zusammen mit den UPND-Mitgliedern Lastone Mulilandumba, Muleya Haachenda, Wallace Chakwa, Pretorius Haloba und Hamusonde Hamaleka festgenommen und wegen Hochverrats und Missachtung einer rechtmäßigen Anordnung unter Anklage gestellt. Dem vorausgegangen war ein Zwischenfall, bei dem sich Hichilemas Autokolonne geweigert hatte, den Fahrzeugen von Präsident Lungu die Vorfahrt einzuräumen. Die Polizei durchsuchte ohne Durchsuchungsbefehl das Haus von Hakainde Hichilema und ging dabei mit Tränengas gegen ihn und seine Familie vor. Seiner Frau Mutinta, die von dem gewalttätigen Vorgehen der Polizei berichtete, wurde am 28. April 2017 die Verhaftung angedroht. Bis zum Jahresende wurde gegen keinen der beteiligten Polizisten Anklage erhoben. Am 15. August 2017 zog die Generalstaatsanwältin die gegen Hakainde Hichilema und die anderen UPND-Mitglieder erhobenen Anklagen in allen Punkten zurück.
RECHT AUF FREIE MEINUNGSÄUßERUNG
Medienschaffende, politische Aktivist_innen und andere Bürger_innen, die Kritik an der Regierung äußerten, wurden von den Sicherheitskräften und von politischen Aktivist_innen, die der Regierungspartei nahestanden, eingeschüchtert und schikaniert.
Am 4. März 2019 kam es zur Sperrung des unabhängigen Nachrichtensenders Prime TV für 30 Tage. Amnesty International hat Grund zur Annahme, dass die Sperrung den Zweck verfolgt, unabhängige Stimmen mundtot zu machen und damit einen Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung und Medienfreiheit Dem Unterfangen liegt eindeutig die Absicht zugrunde, Journalist_innen zur Selbstzensur zu veranlassen.
Im Oktober 2017 forderte die Unabhängige Rundfunkaufsichtsbehörde die Geschäftsführung der Fernsehgesellschaft Prime Television Zambia auf, zu dem Vorwurf Stellung zu nehmen, der Sender habe bei den Parlamentswahlen durch einen Bericht über den UPND-Kandidaten für den Wahlkreis Kalulushi, Everisto Mwalilino, gegen die Bestimmungen der Rundfunklizenz verstoßen. Mwalilino hatte Regierungsvertreter_innen der Wahlkorruption bezichtigt. Der Sender hatte auch über die Korruptionsvorwürfe gegen den früheren Informationsminister Chishimba Kambwili berichtet.
Am 3. August 2017 wurde der Vorsitzende der oppositionellen United Progressive People Party, Saviour Chishimba, unter dem Vorwurf der Verleumdung von der Polizei festgenommen. Er hatte Präsident Lungu kritisiert, nachdem dieser den Ausnahmezustand ausgerufen hatte. Nach siebentägiger Haft ohne jemals einem Richter vorgeführt worden zu sein, kam Saviour Chishimba ohne Anklageerhebung schließlich frei.
Mitarbeiter_innen der sambischen Rechtsanwaltsvereinigung wurden wegen ihres Einsatzes für die Menschenrechte schikaniert und bedroht. So stürmten am 3. März 2017 Anhänger der Patriotic Front ihre Geschäftsstelle und forderten den Rücktritt der Vorsitzenden Linda Kasonde. Noch im selben Monat schloss sich die Anwaltsvereinigung einer Eingabe vor dem Hohen Gericht an, um die Schließung der regierungskritischen Tageszeitung The Post zu verhindern. Neben anderen Einrichtungen hatte die Finanzbehörde die Schließung des Zeitungsverlags gefordert, weil er seiner Steuerpflicht nicht nachgekommen sei.

JUSTIZSYSTEM
Die Regierung untergrub die Unabhängigkeit der Justiz mit heftigen verbalen Attacken. Zugleich wird die Gerichtsbarkeit von der Öffentlichkeit zunehmend als politisch nicht unabhängige Institution wahrgenommen. Während eines Besuchs in Südafrika im September 2017 warf Hakainde Hichilema der Justiz seines Landes vor, korrumpiert zu sein und unter der Kontrolle des Präsidenten zu stehen. Am 2. November 2017 warnte Präsident Lungu die Justizbehörden davor, ihn an der Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen 2021 zu hindern. Im November 2017 legte er den Richtern bei einem Besuch der Stadt Solwezi nahe, es nicht ihren kenianischen Kollegen gleichzutun, die im September das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen für ungültig erklärt hatten.
RECHT AUF ANGEMESSENE ERNÄHRUNG
Laut dem Welthungerindex 2017 waren die Ernährungsunsicherheit und die Unterernährung nach wie vor beunruhigend hoch. Das betraf viele Subsistenzlandwirte, die wegen langanhaltender Besitzstreitigkeiten keinen Zugang zu ihrem Land hatten. In Mpande in der Nordprovinz befanden sich mehr als 300 Menschen in einem Rechtsstreit mit der Regierung, die sie gewaltsam von ihrem Land vertrieben und in eine trockene Region umgesiedelt hatte, in welcher sie keine Lebensmittel erzeugen konnten. In Kaindu (Bezirk Mumbwa) wurden die Bewohner einer 700 Personen zählenden Gemeinde von den Inhaber_innen und Mitarbeiter_innen einer in deutschem Besitz stehenden Safari-Gesellschaft beschimpft und beschossen, um sie davon abzuhalten, im Kafue-Fluss zu fischen und im nahe liegenden Wald nach Nahrung zu suchen. Die Gemeinde war in die Pläne zur Nutzung ihres Landes für Safaris nicht ausreichend einbezogen worden.
ERGEBNISSE DER STAATENPRÜFUNG UND PERIODIC REVIEW NOVEMBER 2017
Die Bill of Rights, ein Menschenrechtskatalog, der der neuen Verfassung beigefügt wurde, garantiert nicht alle Rechte in ausreichendem Maße. Einige wichtige Ratifizierungen stehen noch aus, darunter das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe sowie die Fakultativprotokolle zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes. Die Bill of Rights sieht auch keine Abschaffung der Todesstrafe vor.
Im April 2016 besuchte der Sonderberichterstatter für die Rechte von Menschen mit Behinderungen das Land. Er hob hervor, dass Menschen mit Albinismus in ständiger Angst leben, angegriffen und getötet zu werden. Amnesty International ist besorgt, dass seit 2015 mindestens 10 Menschen mit Albinismus in Sambia getötet wurden. Auch forderte er die Behörden auf, Frauen und Mädchen mit Behinderungen zu schützen, da diese einem erhöhten Risiko sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt sind.

2. Dezember 2019