Am 24. März 2020 wurde die zerstückelte Leiche von Emmanuel Phiri von Passanten in einem Maisfeld einige Kilometer von seinem Haus entfernt in der Ostprovinz Sambias entdeckt. Augen, Zunge und Arme des 43-jährigen Mannes waren bei einem weiteren schrecklichen rituellen Mord an einem albinistischen Menschen entfernt worden. Der dreifache Familienvater und renommierte Zimmermann in der Gemeinde Navutika hatte sein Zuhause am selben Tag verlassen, um sich auf den Weg zu einer neuen Arbeit zu machen. Er teilte seiner Frau und seiner Mutter mit, dass er für zwei Wochen weg sein würde. Erst als er nicht zurückkehrte, wurde seine Familie alarmiert und meldete ihn als vermisst. Seine Nichte wurde später auf das Polizeirevier gerufen, wo sie seine Leiche anhand seiner Kleidung identifizierte.
In ganz Afrika werden nach wie vor Menschen mit Albinismus ermordet und verstümmelt. Diese Angriffe werden durch den Irrglauben genährt, dass ihre Körperteile Reichtum und Glück bringen.
Besonders akut ist die Gefahr in den Ländern der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC), in denen es seit 2014 mindestens 150 Morde gegeben hat. Das Parlamentarische Forum der SADC (SADC-PF) reagierte auf diesen Menschenrechtsnotstand, indem es am 24. Juli 2019 einen Antrag annahm, in dem Angriffe, Entführungen, Tötungen und Diskriminierung von Menschen mit Albinismus verurteilt wurden.
Ein Jahr später, liefert Emmanuels Fall jedoch den Beweis dafür, dass Menschen mit Albinismus immer noch von kriminellen Banden gesucht werden, die hinter ihren Körperteilen her sind, und dass mehr getan werden muss, um ihren Schutz zu gewährleisten.
Die Straflosigkeit für Verbrechen gegen Menschen mit Albinismus besteht aufgrund ineffizienter Ermittlungen, einschließlich der schlechten Handhabung von Fällen und Beweisen, weiter. Seit 2018 ruft Amnesty International die SADC-Führer dazu auf, eine Strategie für den sozialen und physischen Schutz für Menschen mit Albinismus zu verabschieden, die ihnen ein sicheres Umfeld schaffen kann und ihnen die Rechte auf Leben, Bewegungsfreiheit, persönliche Sicherheit sowie den Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung garantiert.
Dies erfordert wirksame Untersuchungen, die es ermöglichen, die Täter vor Gericht zu bringen, sowie öffentliche Aufklärungskampagnen, die sich mit denjenigen Überzeugungen und gesellschaftlichen Normen befassen, die Diskriminierung und Gewalt gegen diese gefährdete Gruppe schüren.
Die Ermordung Emmanuels fand zwei Tage vor dem Lockdown statt, der die Ausbreitung von Covid-19 in Sambia verhindern sollte. Die Pandemie hat zweifelsohne die Risiken für Menschen mit Albinismus erhöht. In einigen Ländern wie Kenia wurde ihnen nicht nur die Schuld an der Krise gegeben, sondern sie mussten dem Lockdown ausgerechnet in unmittelbarer Nähe zu denjenigen verbringen, die ihnen Schaden zufügen wollten. Eine Studie von Amnesty International aus dem Jahr 2016 ergab, dass kriminelle Banden, Familienangehörige oder Personen, die den Opfern nahe standen, häufig für diese Angriffe verantwortlich waren.
Viele haben Angst davor, wie Emmanuel angegriffen zu werden, und dass der Angriff dann von den Behörden unbemerkt bleibt, weil dernen Handlungsfähigkeit durch den Lockdown eingeschränkt ist. Die Pandemie hat es für Menschen mit Albinismus auch schwieriger gemacht, auf der Suche nach Sonnenschutzmitteln zu reisen, die sie vor Hautkrebs bewahren können. Die mobilen Kliniken wurden in vielen Gebieten stillgelegt, was bedeutet, dass medizinische Untersuchungen noch schwieriger zu organisieren sind. Lange Warteschlangen für Lebensmittel und öffentliche Verkehrsmittel führen zu einer stärkeren Sonnenexposition, die für Menschen mit Albinismus potenziell lebensbedrohlich ist.
Die Regierungen in der gesamten Region müssen auf dem vom Parlamentarischen Forum der SADC verabschiedeten Antrag aufbauen, um den Teufelskreis der Menschenrechtsverletzungen, unter denen Menschen mit Albinismus leiden, wirklich anzugehen. Sie müssen den Zugang zu medizinischer Versorgung und Sonnenschutzcremes verbessern, den Lebensunterhalt von Menschen mit Albinismus sichern und garantieren, dass die Opfer und ihre Familien durch die Verbesserung der Polizeiarbeit in den Gemeinden, durch die Ermittlungen und die Strafverfolgung von Verbrechen einen wirksamen Zugang zur Justiz haben. Andernfalls wird es weitere Opfer wie Emmanuel geben.
In ihren Maßnahmen gegen die Covid-19-Pandemie müssen die Regierungen in der gesamten Region sicherstellen, dass die Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens inklusiv sind und die Notlage von Menschen mit Albinismus berücksichtigen.
Die Regierungen müssen sich auch verstärkt darum bemühen, das Leben von Menschen mit Albinismus zu schützen und die Öffentlichkeit für die Bekämpfung von Diskriminierung zu sensibilisieren.
Menschen mit Albinismus wurden in der Vergangenheit vom Mainstream ausgeschlossen, und während dieser Pandemie werden sie immer weiter abgehängt. Die Regierungen müssen angemessene Vorkehrungen treffen, damit Menschen mit Albinismus ihre Menschenrechte uneingeschränkt wahrnehmen können.
Tafadzwa Munjoma ist Menschenrechtsreferent bei der Internationalen Sektion von Amnesty International Südliches Afrika